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Geowissenschaften

 
     
  Geowissenschaften bzw. Erdwissenschaften sind einerseits ein Wissensfeld, bei dessen
Untersuchung die zeitliche Dimension seit Entstehung der Erde und der terrestrischen Planeten eine
grundlegende Rolle spielt. Andererseits steht dabei immer mehr das Verständnis der laufenden
aktiven Prozesse auf und in unserem aktiven ("lebenden") Planeten im Vordergrund, für das die
klassischen Disziplinen Biologie, Chemie, Physik und Mathematik die Grundlagen liefern. Man könnte die Geowissenschaften also als eine systemorientierte (problemorientierte) integrierende
Überdisziplin ("Superdisziplin") bezeichnen.
Klassische geowissenschaftliche Disziplinen wie Geologie, Paläontologie, Stratigraphie, Strukturgeologie, Tektonik, Mineralogie, Kristallographie, Geochemie, Petrologie, Lagerstättenkunde, Geophysik, Bodenkunde, Geomorphologie, Glaziologie und Meteorologie, die sich als Wissensbereiche z.T. unabhängig voneinander entwickelt haben, sind dabei immer enger verknüpft mit z.B. der Geodäsie, Fernerkundung, Kartographie und Geographie, mit der Klimatologie, Hydrologie und Hydrogeologie, Ozeanographie, Landschafts- bzw. Geoökologie, Bergbau, Ingenieurgeologie und Geotektonik.


Die historische Wissenschaftsentwicklung verlief dabei in den USA und Europa z.T. unterschiedlich,


so ist in den USA der Ausdruck Geowissenschaften als System z.T. synonym mit Geologie. Geowissenschaften studieren die Erde als Ganzes und die Vorgänge auf den terrestrischen Planeten. Ursprung, Struktur, Zusammensetzung und Geschichte - einschliesslich der Entwicklung des Lebens und der natürlich ablaufenden Prozesse sind Untersuchungsgegenstände. Die räumliche und materielle Struktur der Erde und der Planeten in zeitlicher Dimension sind Grundlage der Untersuchungen.


Traditionell untergliedern sich die Geowissenschaften im Sinne der Wissenschaften der festen Erde in die oben genannten Disziplinen, die jeweils zunehmende netzwerkartige Verflechtungen mit anderen Fächern und Subdisziplinen im Sinne multi- und interdisziplinärer Studien aufweisen, wie das z. B. an der Entwicklung der Sedimentologie, der Beckenanalyse und -modellierung, der Geochronologie und Isotopengeochemie, der Klimatologie/Paläoklimatologie einschliesslich Modellierung, der Paläomagnetik, der Vulkanologie oder der vergleichenden Planetologie zu erkennen ist. Diese Entwicklung verläuft zukünftig in die Etablierung sog. Erdsystemwissenschaften, die Verbindungen zwischen Kosmologie und Alltagsumweltgeologie, Atmosphärenphysik, -chemie und Ozeanographie herstellen und die Erde als Gesamtsystem verstehen.


Daraus ist zu erkennen, dass sich die Geowissenschaften in den letzten 3 bis 4 Jahrzehnten stärker von Zustände beschreibenden zu erklärenden, quantifizierenden Wissenschaften in dem Sinne entwickelt haben, dass das Studium der Prozesse im Mittelpunkt steht, bei dem aufgrund der experimentell nicht nachzuvollziehenden langen Zeiträume Computermodelle in den Vordergrund rücken. Die Entwicklung realitätsnaher Modelle aufgrund von Prozessstudien und ihre schrittweise Anpassung an die beobachtbaren Tatbestände soll helfen, die Regelmässigkeiten zu erkennen, die zu den beobachtbaren Tatbeständen geführt haben.


Das System Erde wird heute als ganzes von Satelliten "gemonitort", mit geophysikalischen Verfahren durchleuchtet, um die tieferen Strukturen zu erkennen, und durch Bohrungen in Ozeanen und Kontinenten erkundet, um die oberflächennahen Strukturen und Abläufe zu verstehen. Dabei basieren alle Studien auf dem Grundsatz "Vergangenheit ist der Schlüssel zu Gegenwart und Zukunft". Das bedeutet, geowissenschaftliche Prozesse in der Vergangenheit sind analog zu den heutigen verlaufen.


In der Geschichte der Geologie hatte sich daraus der wissenschaftliche Streit der Katastrophisten und Uniformitarianisten entwickelt, der sich heute in Form einer Kombination auflöst, denn man entdeckte, dass es neben dem normalen Verlauf auch katastrophenartige Ereignisse gegeben hat und gibt, wie z. B. Erdbeben, Vulkaneruptionen und besonders Meteoriteneinschläge, die so massiv waren, dass sie für das eventartige Auftreten von Faunensterben in der Erdgeschichte verantwortlich gemacht werden. Geowissenschaften entwickeln sich zunehmend zu bedeutenden Zukunftswissenschaften, was zusätzlich dadurch verstärkt wird, dass seit vier Jahrzehnten der Einfluss des Menschen auf die natürliche Umwelt so gravierend geworden ist, dass er z.T. natürliche Prozesseinflüsse übersteigt. Der Mensch verbraucht so viel Rohstoffe, dass der Impakt auf die Umwelt, so z.B. die Belastung der Flüsse, grösser ist als die naturgegebenen Prozesse es verursachen würden.


Den Geowissenschaften fällt also zukünftig die Rolle zu, gesellschaftliche Beiträge zur Lösung vieler Themen beizusteuern, wie:
a) die Auffindung natürlicher Ressourcen und die Einschätzung ihres Verbrauchs,
b) die Steuerung von umweltverträglichen Prozessen zur Garantie nachhaltiger Entwicklungen (z.B. Gewässerschutz, Abfallbeseitigung und Deponien, Tieflagerung z.B. nuklearer Abfälle), c) die Erkennung von Naturgefahren und ihres Managements (Naturkatastrophen: Erdbeben,
Massenbewegungen, Tsunamis etc.),
d) das Studium des globalen Wandels und resultierender Massnahmen,
e)der Klimawandel und Klimaschutz,
f) das Studium der Biodiversität und des Faunen- und Florensterbens.
Damit ist offensichtlich, dass in den Geowissenschaften Grundlagenwissenschaften und angewandte Wissenschaften eng verwoben sind.
Institutionell ist in Deutschland, Europa und den USA eine Diskussion der Strukturierung inter- und
multidisziplinärer Studien und Fragenkomplexe zugange. In Deutschland fand dies z.B. in der
Gründung der Institutionen von u.a. Alfred-Wegener-Institut (Bremerhaven), GEOMAR
(Forschungszentrum für marine Geowissenschaften, Kiel) und Geo-Forschungszentrum (Potsdam)
Niederschlag. In den USA wird die Frage der Strukturierung in Richtung der Earth System Sciences
diskutiert.
 
 

 

 

 
 
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