|
einem Gerinne benachbarter Bereich, der unter natürlichen Umständen bei Hochwasser überflutet wird. Die Aue erfüllt somit die Funktion eines erweiterten Gerinnebettes bei Hochwasser. Auen sind i.d.R. schwach reliefiert, aber mit typischen Oberflächenformen ausgestattet, die durch fluviale Sedimentation und fluviale Erosion geschaffen werden. Die Zusammensetzung der natürlichen Auenvegetation hängt von der Beschaffenheit des betreffenden Flussabschnittes ab (Flusstyp, Auenböden, geologischer Untergrund). Unter natürlichen Bedingungen wäre für Mitteleuropa eine feuchtigkeitstolerante Auenwald- und Sumpfvegetation charakteristisch mit einer typischen Standortdifferenzierung in die flussnahe, gehölzfreie Aue und Weichholzaue, sowie die flussferne Hartholzaue (Abb.). Indes wurde die natürliche Auenwaldvegetation hier bereits in vorgeschichtlicher Zeit vom Menschen verändert bzw. entfernt. Extensive Grünlandwirtschaft war bis vor wenigen Jahrzehnten für die Auenbereiche kennzeichnend. Die modernen Nutzungsansprüche haben die Auenlandschaften durch Anforderungen wie Hochwasserschutz, Schiffbarkeit, öffentliche und private Wasserentnahme, landwirtschaftliche Nutzung, Bedarf an Siedlungsflächen, Verkehrswegebau und Wasserkraftnutzung noch einmal stark überprägt. Daraus resultieren kulturwasserbauliche Massnahmen linienhaften Charakters (Flussbegradigungen, -verlegungen, Bau von Deichen, Dämmen, Kanälen, Staustufen, Wehren, Flussbettbetonierungen, -verrohrungen, Sohlenpflasterungen, Hochwasserrückhaltebecken) sowie grossflächige Eingriffe aufgrund der landwirtschaftlichen Intensivierung (Entwässerung, Flurbereinigung, Eindeichung). Aufgrund dieser umfangreichen Veränderungen können auch die verbliebenen Auenwaldrelikte, Feuchtgebiete und unbefestigten Flussabschnitte heute allenfalls als naturnah, aber nicht als natürlich gelten. Die Folgen stehen in Abhängigkeit zu den durchgeführten Eingriffen und können sich z.T. summieren. So wird z.B. durch Bodenversiegelung im Einzugsgebiet via Kanalisation der Zwischenspeicher Boden umgangen und in kurzer Zeit anfallende hohe Niederschlagsmengen werden direkt in die Flüsse geleitet. Diese unnatürliche Erhöhung der Abflussmenge führt auf Dauer zur Tiefenerosion im eigenen Gerinnebett, wobei auch der mit dem Flusswasserspiegel korrespondierende Grundwasserspiegel abgesenkt wird. Begradigungen verlagern das Hochwasserproblem in flussabwärts liegende unbefestigte Flussabschnitte, fehlende Überflutungsflächen verschärfen die Hochwassersituation. Des weiteren kann der Nährstoffeintrag aus flussnahen landwirtschaftlichen Flächen zur Eutrophierung der Aue beitragen. In strömungsarmen und im Sommer unbeschatteten Gewässern tritt Sauerstoffverarmung ein. Die bauliche Trennung bzw. Entfernung der Lebensräume Gewässer, Ufer und Aue bedingen einen Rückgang der Artenvielfalt bei Pflanzen- und Tiergemeinschaften. Zwar prägt weiterhin das bautechnische Ingenieurswesen die Konzepte zum Hochwasserschutz, jedoch werden künstlich festgelegte Flussläufe weder den heutigen Anforderungen der Hochwassersicherheit noch den Zielvorstellungen des Naturschutzes gerecht. Unter dem Schlagwort "Renaturierung" entwickelt sich derzeit ein neues Leitbild einer naturnäheren Gewässermorphologie, das weg von der Konservierung eines statischen Zustandes der Aue, deren Veränderlichkeit akzeptiert und verstärkt die Eigenentwicklung der Gewässer zulässt.
|
|