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Wertmassstab

 
     
  1) Kartographie: Signaturmassstab, vorwiegend in thematischen Karten, aber auch in anderen graphischen Darstellungen benutztes Mittel zur Veranschaulichung von Zahlenwerten durch ihre Übertragung in die graphische Variable Grösse. Wertmassstäbe verwendet man, um die Unterschiede und die Verhältnisse von Werten graphisch auszudrücken. Hierfür werden benutzt: die Länge (z.B. von Säulen) und die Breite von Bändern, die Fläche einfacher geometrischer Figuren (Kreis, Quadrat, Rechteck) sowie das scheinbare Volumen regelmässiger Körper (Würfel, Kugel) in perspektivischer bzw. schattenplastischer Abbildung. Die Festlegung von Wertmassstäben ist immer ein Optimierungsproblem, in das mehrere Bedingungen eingehen: a) Der Mensch vermag Längenverhältnisse recht genau, Flächenverhältnisse hingegen nur tendenziell zu beurteilen. Das Verhältnis verschieden grosser Flächen wird stets unterschätzt. Die Schätzung von Volumenverhältnissen führt zu groben Fehlurteilen. Demnach wäre die lineare Ausdrucksweise gegenüber der flächenhaften zu bevorzugen und auf die pseudo-körperhafte zu verzichten. b) Dieser allgemeinen Bedingung steht in den meisten Fällen als Bedingung das Verhältnis V des grössten zum kleinsten darzustellenden Wert:

Wertmassstabentgegen. V wird in der Statistik auch als Wertespanne beschrieben und kann die Grössenordnung von 104 bis 105 erreichen (z.B. 2·104 bei Nmax=2 Mio. und Nmin=100 Einwohnern). c) Die für die Darstellung nutzbare Kartenfläche ist in der Regel zu klein, um dieses Werteverhältnis längen- oder flächenproportional wiedergeben zu können, denn es ist eine bestimmte, noch wahrnehmbare Mindestgrösse lmin oder Fmin vorauszusetzen, z.B. 1 mm oder 1 mm2. Tabelle 1 zeigt, dass die aus den Beispielsdaten resultierenden grössenproportionalen Signaturen bzw. Diagramme nicht darstellbar sind. d) Die Lagebeziehungen der Objekte im Georaum werden durch die Verortung der Signaturen, Figuren bzw. Diagramme an ihrem Bezugspunkt modelliert. In Dichtegebieten führt dies zur Überlagerung der Kartenzeichen. e) Unübersichtliche Signaturballungen lassen sich durch Verdrängung, Freistellung und gezielte Überlagerung von grossen mit kleinen Kartenzeichen lesbar gestalten. Die Möglichkeiten einer solchen „visuellen Entflechtung” sind jedoch beschränkt, so dass u.U. die einzige Alternative in der Anpassung des Wertmassstabs besteht. f) Bei allen Überlegungen und Aktivitäten zur Festlegung des Wertmassstabs ist zu beachten, dass das Hauptziel von Karten die graphische Modellierung georäumlicher Strukturen ist, d.h. die Veranschaulichung der Quantitäten von Objekten/Sachverhalten und ihrer Verteilung im Georaum. Dafür sind „transparent” gestaltete Konzentrationen von Kartenzeichen ebenso erforderlich wie Flächen mittlerer und geringer Kartenbelastung. g) Die Kartenbelastung geht daher als weiteres allgemeines Kriterium in die Optimierung des Wertmassstabs ein.


Die Wahl des Wertmassstabs, genauer die Annäherung an sein Optimum, erfolgt unter Berücksichtigung aller genannten Aspekte, vor allem durch ihre Wertung im Hinblick auf den Zweck der Karte. Sie gestaltet sich vergleichsweise unkompliziert bei Werteverhältnissen von V < 102,5, die grössenproportional darstellbar sind (Tab. 2). Für V < 102,5 wurden verschiedene Ansätze und Formeln entwickelt (s.u.). Strenge Flächenproportionalität lässt sich jedoch bei V > 103 nicht mehr erreichen. Die Angaben in Tabelle 2 gelten für kontinuierliche Wertmassstäbe, die jedem Kartenzeichen eine dem Merkmalswert entsprechende, individuelle Grösse zuweisen. Da jedoch der Flächenvergleich ohnehin unsicher ist (1. Bedingung), wird die Unterscheidbarkeit der Grössen der Kartenzeichen häufig durch Festlegung von Grössenklassen (Grössenstufen) hergestellt, denen jeweils eine bestimmte Klasse von Merkmalswerten zugeordnet ist. Auch gestufte Wertmassstäbe lassen sich für V < 102,5 annähernd flächenproportional gestalten, z.B. als Proportionalität der Grössenstufen zum jeweiligen Mittelwert der Klassen. Jedoch ist darauf zu achten, dass die Kartenzeichen benachbarter Grössenstufen (Flächen) auch im Kartenzusammenhang eindeutig unterscheidbar sind (s.u.). Für die graphische Veranschaulichung von Zahlenwerten in der Karte stehen somit flächenproportionale und nichtflächenproportionale, kontinuierliche und gestufte Wertmassstäbe zur Verfügung, deren Vorzüge und Nachteile in Tabelle 3 zusammengestellt sind. Die Berechnung von kontinuierlichen Wertmassstäben beginnt mit der Ermittlung von V nach (1). Lässt der Wert von V darauf schliessen, dass eine flächenproportionale Darstellung möglich ist, stehen zwei Verfahren zur Wahl: a) Aufgrund von Erfahrung oder Überschaubarkeit des Problems wird einer gebräuchlichen Flächeneinheit F0 ein runder Einheitswert N0 des darzustellenden Merkmals zugeordnet, z.B. könnte 1 mm2 Signaturfläche 100 Einwohner repräsentieren. Daraus ergibt sich die Massstabskonstante k:

WertmassstabZugleich gelten: und:

Wertmassstab
WertmassstabDurch Auflösen von (3) nach Fmin und (4) nach Fmax zur Berechnung der kleinsten bzw. der grössten Signaturfläche lässt sich prüfen, ob k für die betreffende Karte verwendbar oder zu modifizieren ist. b) Der zweite Ansatz besteht darin, durch Schätzen oder überschlägiges Berechnen die kleinste oder die grösste Signaturfläche festzulegen und nach (3) bzw. (4) eine vorläufige Massstabskonstante k‘ zu ermitteln. Mit k‘ lässt sich die jeweils andere Extremfläche bestimmen. Fällt Fmin zu klein bzw. Fmax zu gross aus oder soll eine möglichst einprägsame Massstabskonstante gefunden werden, wird die Berechnung mit entsprechend korrigierten Werten für die Extremflächen wiederholt und ihre Darstellbarkeit geprüft. Ist der nach a) oder b) ermittelte Wertmassstab verwendbar, berechnen sich die Flächen aller Signaturen nach:


F=k·N. (5) Ergibt ein flächenproportionaler Wertmassstab nach a) oder b) wegen eines V nahe 102,5, wegen absehbarer starker Überlagerung von Signaturen oder zu hoher allgemeiner Kartenbelastung kein befriedigendes Ergebnis, muss zu einem nichtflächenproportionalen Wertmassstab übergegangen werden. Für nichtflächenproportionale Wertmassstäbe stehen mehrere Formeln zur Verfügung, deren Anwendung mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen behaftet ist (Tab. 4), die dem Zweck der Karte entsprechende Kompromisse erfordern. Generell gilt, dass man sich mit zunehmendem V ( > 103) von der Flächenproportionalität entfernt. Dieser Nachteil kann meist zugunsten der Erfüllung anderer Bedingungen, vor allem von (6) und (7) akzeptiert werden. Alle Formeln für nichtflächenproportionale Wertmassstäbe setzen die Festlegung von Fmin und Fmax voraus. Verbreitet wird die Formel von Jensch angewendet:


F=k·Nb. (6.1) Dabei ist:

Wertmassstabund:
WertmassstabTöpfer hat diese Formel durch Einführung eines dritten, zwischen den Extrema liegenden Wertepaares Fm und Nm erweitert, gibt aber für dessen Festlegung nur allgemeine Hinweise. Sein Ansatz erlaubt, die Signaturgrössen in einem bestimmten Wertebereich stärker zu differenzieren, allerdings zulasten anderer Wertebereiche. Die Signaturflächen werden berechnet nach:


F=Fmin+k(N-Nmin)b, (7.1) wobei:

Wertmassstab
Wertmassstabund: F‘m=Fm


-Fmin, N‘m=Nm


-Nmin,


F‘max=Fmax-Fmin,


N‘max=Nmax-Nmin
sind.
Grosser ergänzt die Formel zur Berechnung eines flächenproportionalen Wertmassstabes (5) durch ein Korrekturglied Fk, das einer konstanten Korrekturfläche entspricht, um die jede Signatur vergrössert
wird:
F=k·N+Fk. (8.1) k wird berechnet nach:

WertmassstabFk ergibt sich aus:


Fk=Fmin-k·Nmin. (8.3) Hierdurch lassen sich die kleinsten Signaturflächen, die bei Berechnung nach (5) unter der Schwelle der Wahrnehmbarkeit liegen, auf eine wahrnehmbare Grösse anheben. Nichtflächenproportionale gestufte Wertmassstäbe zeichnen sich in der Regel durch ein konstantes Verhältnis a benachbarter Signaturgrössen aus. Es kann definiert werden als Quotient aus der Fläche einer bestimmten Signaturgrösse Fi geteilt durch die Fläche der nächstkleineren Signatur Fi-1:

WertmassstabUm die visuelle Unterscheidbarkeit aller Signaturgrössen zu sichern, sollte a nicht kleiner als 1,5 sein. Ist eine sehr schnelle und sehr sichere Zuordnung der Signaturen zu den Grössenstufen erwünscht, so sollte a=2 gewählt werden oder nur wenig darunter liegen. Dies gilt besonders für die kleinsten Grössen der Signaturenskala. An die Berechnung der Signaturgrössen kann von zwei Seiten herangegangen werden: a) Die Anzahl der Signaturgrössen n ist durch die Anzahl der Merkmalsklassen von N vorgegeben, was als Normalfall gelten kann. b) Das Verhältnis a wurde festgelegt, gesucht ist die grösstmögliche Anzahl von Signaturgrössen n. Die grundlegende Beziehung zwischen den Grössen lautet:

WertmassstabDaraus leiten sich die Formeln zur Berechnung von a und n ab

WertmassstabWertmassstäbe sind wichtiger Bestandteil der Legende. Sie werden meist graphisch in Form von Nomogrammen wiedergegeben. Nur bei flächenproportionaler Darstellung ist die Massstabsangabe auch numerisch bzw. verbal sinnvoll, z.B. in der Formulierung 1 mm2 Diagrammfläche entspricht 100 Einwohnern. Kontinuierliche Wertmassstäbe können als Kurve veranschaulicht werden, an der sich alle Signaturgrössen der Karte abgreifen oder abmessen lassen. Weniger günstig ist die alleinige Angabe von Beispielsgrössen, die häufig aus Platzgründen ineinandergestellt werden. Für gestufte Wertmassstäbe ist die Ausweisung aller in der Karte auftretenden Signaturgrössen mit Angabe der Klassengrenzen zwingend erforderlich. Für die Benutzung der Karte durch Fachleute sollte die Formel des verwendeten Wertmassstabs angegeben werden, was jedoch bislang sehr selten geschieht. In Kartenkonstruktionsprogrammen und Geoinformationssystemen sind Funktionen zur Auswahl und Berechnung des Wertmassstabs implementiert. Steht ein genügend breites Spektrum der oben erläuterten oder vergleichbarer Berechnungsgrundlagen zur Verfügung, wird damit der Auswahl- und Bewertungsprozess bis zur endgültigen Version der Darstellung wesentlich erleichtert und beschleunigt. 2) Landschaftsökologie: in der Raumplanung gebräuchlicher Begriff für die individuelle und je nach sozialer Gruppenzugehörigkeit unterschiedliche Beurteilung von Zuständen und räumlichen Prozessen in der Landschaft. Dabei spielt die Perzeption eine wichtige Rolle. Mit der Erforschung von gesellschaftlich geprägten Prozessen der Umweltwahrnehmung befasst sich die Fachrichtung Humanökologie.

WertmassstabWertmassstab (Tab. 1): Masse des kleinsten und grössten Kartenzeichens bei grössenproportionaler Darstellung eines Werteverhältnisses von V=20.000 (Beispiel).

WertmassstabWertmassstab (Tab. 2): Werteverhältnis V und Darstellungsweise (Typ des Wertmassstabs). Wertmassstab (Tab. 3): Vor- und Nachteile der Hauptarten von Wertmassstäben.

Wertmassstab
WertmassstabWertmassstab (Tab. 4): Vor- und Nachteile kontinuierlicher Wertmassstäbe.
 
 

 

 

 
 
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