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Die Wettervorhersage oder Wetterprognose ist die Aussage über den zu erwartenden Zustand der
Atmosphäre. Je nach Länge des Vorhersagezeitraumes und der mit ihr abnehmenden
zeitlich-räumlichen Detaillierung der Vorhersagen wird dabei in Wetter-, Witterungs- und
Klimavorhersagen getrennt. Im Einzelnen wird unterschieden in Nowcasting (bis zwei Stunden im
voraus), Kürzestfristprognose (bis zwölf Stunden), Kurzfristprognose (bis 72 Stunden),
Mittelfristprognose (vier bis zehn Tage) und Langfristprognose (mehr als zehn Tage bis einige
Monate im voraus). Die Verifikation hinreichend grosser Stichproben ergibt jedoch, dass die
wissenschaftliche Vorhersageleistung derzeitiger Langfristprognosen eher marginal ausfällt, so dass dieser Typ einer Witterungsvorhersage zu den grössten Herausforderungen der Meteorologie im 21.
Jahrhundert gehört.
In der vorwissenschaftlichen Ära dominierten (anfangs mehr, später weniger) mythologischer Wetterglaube und -magie. Die Suche des Menschen nach einer Ordnung seiner Wahrnehmungen
und Erlebnisse liess ihm das Wettergeschehen als eine Auswirkung der Einflüsse von Göttern,
Geistern und Dämonen erscheinen (Abb. 1). Da ihm vor allem Gestirne als Zeichen göttlicher Macht
augenscheinlich entgegentraten, wurde von Anfang an eine „kausale” Verbindung zwischen ihnen
und dem Wetter vermutet, nicht zuletzt wegen der faszinierenden Möglichkeit immer genauerer
Vorhersagen künftiger astronomischer Konstellationen. Dieser astro-meteorologische Aspekt der
Wetterprophetie, zu dem letztlich auch der Hundertjährige Kalender gezählt werden muss, hat sich
über die Jahrhunderte erhalten. Es gibt ihn noch heute neben der rationalen Wissenschaft. Die
Bauernregeln hingegen sind sehr irdischen Ursprungs, indem sie vor allem die Erfahrungen der
Landleute mit Wetter und Witterung beschreiben. Als problematisch dabei erweisen sich jedoch
zeitliche Zuordnungen (Kalenderreform), räumliche Geltungsbereiche (Ortswechsel der
Erfahrungsträger) und die Tatsache von Klimaänderungen und Klimaschwankungen im Laufe von
Jahrhunderten. Mit der Erfindung physikalischer Messgeräte (z.B. Thermoskop von Galilei, 1597, Barometer von
Viviani und Torricelli, 1643) und ihrer meteorologischen Anwendung (Pascal und Descartes, 1648/49,
Guericke, 1656: Erstmals wird von (starken) zeitlichen Änderungen des Barometerstandes auf ein
bevorstehendes Unwetter geschlossen) beginnt die empirische Ära der Wetterkunde. Nun erst lässt
sich eine Wetterforschung auf der Grundlage immer vollkommenerer Messinstrumente,
Beobachteranleitungen und Beobachtungssysteme betreiben. Parallel dazu verläuft die physikalische
Grundlegung meteorologischer Vorgänge, die im Verlaufe des 19. Jahrhunderts zur eigenständigen
Wissenschaft Meteorologie führte. Aussichtsreiche Möglichkeiten zur Vorhersage des Wetters eröffnen sich aber erst durch die Idee von H.W. Brandes (1816), das bis dahin (und noch lange danach) übliche zeitliche Nacheinander des Wetters an einem Ort durch ein räumliches Nebeneinander des Wetters vieler Orte von einem Zeitpunkt in Gestalt einer Wetterkarte darzustellen. Brandes standen dank der seinerzeit veröffentlichten Wetterdaten der Pfälzer Meteorologischen Gesellschaft (Societas Meteorologica Palatina) alle erreichbaren Angaben des Jahrgangs 1783 von 40 bis 50 Orten zwischen den Pyrenäen und dem Ural zur Verfügung (Abb. 2). Diese Art Zusammenschau lässt den ersten „Synoptiker” [von griech. synopsis=Zusammenschau] Brandes sofort zusammenhängende Gebiete ähnlichen Wetters und deren Verlagerung quer durch Europa erkennen. Allein, das wirklich Neue seiner Idee wurde nicht so recht verstanden, und sie verschwand für 35 Jahre. Mit der Wiederentdeckung und Verwirklichung dieser Idee (Leverrier, 1855) beginnt die Ära der synoptischen Wettervorhersage (Abb. 3) (Synoptik).
Parallel dazu entwickelte sich, zunächst als Alternativ-Programm (Bjerknes, 1904) und Rechenexperiment (Exner, 1907, Richardson, 1922), die numerische Wettervorhersage, die in den 1950er Jahren den praktischen und ermutigenden Nachweis einer Vorausberechnung des Wetters (anfangs nur Druck- bzw. Geopotentialfelder) mit Hilfe der Physik, Mathematik und Computer erbrachte. Gegenwärtig sind in der praktischen Wettervorhersage rein synoptische Methoden nur noch für die Zwecke des Nowcasting und (schon nicht mehr ausschliesslich) der Kürzestfristvorhersage anzutreffen. Prognosen für mehr als zwölf Stunden im voraus gründen in der Regel auf der Interpretation numerischer Vorhersageprodukte. Diese Interpretationsarbeit leisten sowohl objektive, algorithmisierte (und damit automatisierbare) Verfahren als auch subjektive Methoden, die sich regelbasierten Expertenwissens bedienen. Diese seit Beginn der 1960er Jahre Man-Machine-Mix genannte methodische Kooperation zwischen Mensch und Maschine prägte in den darauffolgenden Jahrzehnten das Bild der praktischen Wettervorhersage. Das Verhältnis beider variiert sowohl von Land zu Land als auch zeitlich insofern, dass der automatisierte Anteil zunimmt (Abb. 4).
Literatur:
[1] BALZER, K., Enke, W., Wehry, W. (1998): Wettervorhersage: Mensch und Maschine, Computer und Modelle. – Heidelberg.
[2] Nebecker, F. (1995): Calculating the Weather: Meteorology in the 20th Century. - Academic Press.
Wettervorhersage 1: In grossen, dichtbesiedelten Teilen der Erde (semi-aride Klimazone) hängt die Sicherung des Lebensunterhalts für den Menschen, früher wie heute, weitgehend von rechtzeitigen und ausreichenden Niederschlägen ab, von Naturgewalten, als deren Lenker ein Wettergott galt. Das abgebildete Basaltrelief zeigt den Wettergott Hadad (oder Adad, Baal) vom Tempelpalast in Tell Halaf, 9. Jh. v.Chr. (Vorderasiatisches Museum Berlin).
Wettervorhersage 2: nachträglich gezeichnete Wetterkarte für den 6. März 1783, die auf den von Brandes 1820 berechneten Daten beruht. Die Isolinien beziehen sich auf die Abweichungen vom mittleren Luftdruck. Die Pfeile zeigen in Richtung des Bodenwindes.
Wettervorhersage 3: in Zeitungen veröffentlichte Wetterkarte der Seewetterwarte Hamburg vom 13. August 1885. Die Fronten (Tiefausläufer) und die Höhenwetterkarten waren noch nicht entdeckt.
Wettervorhersage 4: Seit Jahrzehnten nimmt die Computerleistung im weltweiten System der numerischen Wettervorhersage nach einem einfachen Gesetz exponentiell zu. Es lautet: FLOPS=4,74·10-5exp(0,352 J) (FLOPS=„floating point operations per second” als Mass der Rechengeschwindigkeit, J=Jahre seit 1900). Ungefähr alle 6,5 Jahre verzehnfacht sich die Computerpower. Bleibt es bei diesem exponentiellen Wachstum, werden die Meteorologen um das Jahr 2007 über Computer im Tera-FLOP-Bereich verfügen (1 Tera=1012). Im Deutschen Wetterdienst kam 1999 eine CRAY-T3E1200 zum Einsatz. Sie erreicht theoretisch maximal 6,1·1011 FLOPS (Raute), praktisch aber „nur” 3,6·1010 FLOPS (Kreis). Alle Punkte in der Abbildung markieren historische „meteorologische” Rechnergenerationen. Einige besonders wichtige sind mit Namen versehen, so z.B. LEO1 vom britischen und BESM6 vom damaligen sowjetischen und ostdeutschen Wetterdienst. Die erste Maschine der neuen CRAY1-Serie wurde 1977 am „Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen” in Reading bei London installiert. Im Jahr darauf stellte die weiterentwickelte CRAY1-A das erste Supercomputersystem in Europa überhaupt dar. Mit ihm sollte damals die neuartige Herausforderung einer zehntägigen Wettervorhersage attackiert werden, was auch gelang. |
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