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Debye-Scherrer-Verfahren

 
     
  das von P.J.W. Debye und P. Scherrer entwickelte Verfahren ist die wichtigste und am häufigsten angewandte Kristallpulvermethode. Wenige Milligramm Substanz genügen, um eine für die meisten Zwecke ausreichende röntgengraphische Mineralidentifizierung durchführen zu können. Als Strahlung dient monochromatisches Röntgenlicht, welches auf ein dünnwandiges Glasröhrchen fällt, in dem die Kriställchen in allen möglichen Orientierungen durcheinander liegen. Das Proberöhrchen wird während der Aufnahme ständig gedreht und bildet dabei die Achse einer zylindrischen Kammer von bekanntem Radius, deren Innenwand mit einem Röntgenfilm belegt ist. Dabei ergeben alle Netzebenen der Kristalle, welche die gleiche Neigung zum einfallenden Primärstrahl haben, kegelförmige Interferenzerscheinungen, die auf dem Film als Linien abgebildet werden. Beträgt der Kammerradius 57,3 mm, dann ist der Abstand a zweier symmetrischer Linien in mm, auf der Mittellinie des Films gemessen, stets 2θ. Zwischen dem Kammerradius R und a besteht die Beziehung:

Debye-Scherrer-Verfahrenwobei

Debye-Scherrer-VerfahrenDurch das Einsetzen von θ in die Gleichung erhält man die Netzebenenabstände als d-Werte, deren
Dimensionen in Angströmeinheiten (1Å=10-8cm).
Anstelle von Glaskapillaren, in die das Pulver eingefüllt wird, können auch Metalle als feine Drähte
oder dünne Glasfäden, mit Pulver bestäubt, als Präparate direkt in die Kammer eingesetzt werden.
Diese letzte Methode lässt sich v.a. dann anwenden, wenn extrem wenig Material zur Verfügung steht. Für die Untersuchung sehr linienreicher Substanzen, z.T. auch für die Bestimmung von
Gitterkonstanten, werden Kammern mit einem doppelten Radius, genau 114,59 mm benutzt. 1 mm
auf dem Film entspricht dann dem Winkelbetrag von 1 θ. Anstelle der Fixierung der Reflexe auf Röntgenfilme lässt sich die abgebeugte Röntgenstrahlung grundsätzlich auch mit Hilfe von Zählrohren oder ortsempfindlichen Detektoren registrieren. Hier befindet sich ein planparalleles Pulverpräparat in der Mitte eines Messkreises (Abb. 1). Die fokussierte und gefilterte charakteristische Röntgenstrahlung tritt durch ein Blendensystem aus Schlitz- und Sollerblenden (Anordnung mehrerer paralleler dünner Bleche, durch die der Röntgenstrahl in eine Reihe paralleler Teilstrahlen zerlegt wird) und trifft auf das planparallele Pulverpräparat in der Mitte des Messkreises. Die gebeugte Strahlung durchläuft dann ein weiteres Blendensystem, wird vom Zählrohr aufgenommen, die dort ausgelösten Impulse werden verstärkt, gezählt und schliesslich auf einem Kompensationsschreiber registriert (Abb. 2). Es ergibt sich dabei derselbe Kurvenverlauf, als wenn man eine Debye-Scherrer-Filmaufnahme mit einem registrierenden Photometer abfahren würde.


Um bei Diffraktometeraufnahmen reproduzierbare Intensitätswerte zu erhalten und um Textureffekte auszuschalten, müssen die Präparate besonders sorgfältig hergestellt werden. Lichtempfindliche, hygroskopische oder sich in Luft zersetzende Substanzen können mit einer für die Röntgenstrahlen durchlässigen Kunststoffolie abgedeckt werden. Das Auflösungsvermögen und die Intensitätsverhältnisse lassen sich auch durch die Wahl der Blenden und der Registriergeschwindigkeit beeinflussen. Intensitätsmessungen können durch schrittweises Abfahren der Linien präzisiert werden. Durch Schrittschaltwerke, automatische Probenwechsler und Impulsdrucker lassen sich solche Messungen weitgehend automatisieren. Heizeinrichtungen und Tieftemperaturkammern erlauben auch röntgenographische Untersuchungen unter extremen Temperaturbedingungen. Ebenso sind Untersuchungen im Vakuum in geschlossenen Kammern oder in Anwesenheit eines Schutzgases möglich.


Aus Pulveraufnahmen nach dem Debye-Scherrer-Verfahren lassen sich eine Reihe von Aussagen machen, von denen die wichtigsten sind: 1) Nachweis des kristallinen Zustandes: Das Fehlen von Röntgeninterferenzen, was sich in einer gleichmässigen Schwärzung des Films bemerkbar macht, beweist die amorphe Natur einer Substanz. Treten Linien auf, dann ist dies ein sicherer Nachweis für den kristallinen Zustand. 2) Substanz- bzw. Mineraldiagnose: Aus den d-Werten und der Intensitätsverteilung kann eine unbekannte Substanz mit Hilfe einer internationalen Kartei (JCPDS = Joint Commitee on Powder Diffracion Standards), in der alle bisher röntgenographisch untersuchten Substanzen verzeichnet sind, diagnostiziert werden. In Verbindung mit EDV-Anlagen und Computern gelingt auch die Auswertung komplizierter Substanzgemische. 3) quantitative Phasenanalyse: Bei Gemischen von kristallinen Stoffen lassen sich aufgrund der unterschiedlichen Intensitäten der einzelnen Linien auch quantitative Aussagen über die Zusammensetzung machen. 4) Texturbestimmung: Von Standardaufnahmen abweichende Intensitäten lassen Schlüsse auf eine orientierte Textur der Kristalle zu. 5) Korngrössenmessungen: Mit abnehmender Korngrösse unter 1 nm Durchmesser tritt eine Linienverbreiterung ein, die sich mathematisch erfassen lässt. Es ist also möglich, in einem Bereich, der der mikroskopischen Messung nicht mehr zugänglich ist, Aussagen über die Teilchengrösse der Kristalle zu machen. 6) Ermittlung von Stabilitätsbereichen: Polymorphe Modifikationen, wie z.B. Kalkspat (CaCO3, trigonal) und Aragonit (CaCO3, rhombisch), die dieselbe chemische Zusammensetzung besitzen, lassen sich durch ihre unterschiedlichen Pulverdiagramme rasch und sicher unterscheiden. Phasenübergänge beim Überschreiten der Stabilitätsbereiche lassen sich mit Hochdruck- und Hochtemperaturkammern nachweisen. 7) Mischkristallbestimmungen: Bei Mischkristallen ändern sich i.a. die Schichtlinienabstände gesetzmässig in Abhängigkeit vom Verhältnis der reinen Mischungsendglieder. 8) Kristallstrukturbestimmungen: Während Strukturbestimmungen bei kubischen, tetragonalen oder hexagonalen Kristallen sehr genau und rasch möglich sind, sind sie bei Kristallsystemen mit niedrigerer Symmetrie nur in Ausnahmefällen möglich. Mit Hilfe ausgefeilter Computerprogramme sind jedoch in letzter Zeit vielversprechende Fortschritte in dieser Hinsicht erzielt worden.

Debye-Scherrer-VerfahrenDebye-Scherrer-Verfahren 1: Strahlengang bei einem Pulverdiffraktometer mit der Probe in der Mitte des Messkreises. Die abgebeugte Röntgenstrahlung wird mit einem Detektor registriert, der sich mit der Winkelgeschwindigkeit 2π dreht, während sich das planparallele Präparat mit der halben Winkelgeschwindigkeit θ bewegt.

Debye-Scherrer-VerfahrenDebye-Scherrer-Verfahren 2: indiziertes Beugungsdiagramm von einem Muscovit (Cu-Kα-Strahlung; Messbereich 2º < 2θ< 65º).
 
 

 

 

 
 
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